Buying Center / Das Rollenkonzept von Webster/Wind
Alle Personen die am Kaufprozess eines Unternehmens beteiligt sind werden unter dem Begriff Buying Center zusammengefasst. Diese werden nach Webster/Wind in fünf Rollen eingeteilt.
Die User zeichnen sich dadurch aus, dass sie die zu erwerbende Leistung direkt verwenden und daher die notwendige Erfahrung im Gebrauch der Leistung haben. Ihr Einfluss im Entscheidungsprozess ist eher gering. Ebenfalls als User gelten Personen, die für den Einsatz und die Funktionsfähigkeit Verantwortung tragen und somit die Leistung nicht direkt verwenden. Der Einfluss dieser Personen ist höher anzusiedeln. Die sogenannten Influencer können Unternehmensmitglieder, Großkunden, Zulieferer, Consultant Engineers oder auch Unternehmensberater sein. Zwar hat der Influencer formal wenig Einfluss, wirkt jedoch an der Erstellung der Auswahlkriterien mit. Der Buyer gehört häufig der Einkaufsabteilung eines Unternehmens an. Aus seiner Befugnis Abschlüsse zu tätigen, fällt ihm die Auswahl des Lieferanten zu. Seine Einflussmöglichkeiten hängen häufig vom jeweiligen finanziellen Limit ab. Der Decider ist i.d.R. Mitglied des oberen Managements oder der Unternehmensleitung. Aus der Unternehmenshierarchie ergibt sich, dass er somit sowohl die Entscheidungsgewalt hat als auch die Verantwortung für die Kaufentscheidung trägt. Oft agieren Decider eher im Hintergrund und wirken so, dass die Kaufentscheidung ihrer Ansicht entsprechend richtig ausfällt. Der Gatekeeper ist i.d.R. im Sekretariat oder als Assistenz angesiedelt und steuert den Informationsfluss im Buying Center. Hierdurch resultiert ein wesentlicher Einfluss auf die Kaufentscheidung. Zudem haben sie eine wichtige Rolle bei der Ermöglichung des Zugangs zu Personen des Buying Centers. Der Initiator ergänzt die bisher beschriebenen Rollen. Er erkennt das Potential zur Verbesserung der Ist-Situation und regt die Investition an und löst somit die Kaufentscheidung aus.
Die Macht des Gatekeepers im Buying Center
Die These, dass der Gatekeeper die eigentliche Macht im Buying Center besitzen würde, da er die Möglichkeit besitzt, Informationen bewusst auszuwählen bzw. nicht auszuwählen, soll nachfolgend kritisch betrachtet und hinterfragt werden.
Zunächst ist zu klären, was unter Macht in diesem Kontext zu verstehen ist. Per Definition gilt, dass Macht die Fähigkeit bezeichnet, das Verhalten anderer Personen oder einer Gruppe von Personen den eigenen Vorstellungen entsprechend zu beeinflussen. Macht lässt sich daher auch mit der Möglichkeit der Einflussnahme gleichsetzen. Aus der Beschreibung des Gatekeepers im zweiten Kapitel ergeben sich zwei Möglichkeiten der Einflussnahme. Die erste ist die Steuerung des Informationsflusses im Buying Center und die zweite, die Ermöglichung des Zugangs zu Personen des Buying Centers. Je nach Art des Kaufs verändert sich auch der Informationsbedarf, sodass dieser bei einem identischen Wiederkauf minimal und bei einem Neukauf maximal ist. Die Macht des Gatekeepers ist somit bei Neukäufen am größten, da hier die von ihm gelenkten Informationen besonders kritisch für den Erfolg der Kaufentscheidung sind. Der Informationsfluss läuft beim Gatekeeper zusammen und wir von dort aus an das Buying Center verteilt. Durch diese Position haben sie die Möglichkeit intensiveren Kontakt zu Vertriebsmitarbeitern der Lieferanten zu pflegen und exklusivere Informationen zu erhalten. Je nach eigener Präferenz können sie Informationen selektieren oder verfälschen. Wodurch ihnen trotz ihrer i.d.R. niedrigeren Hierarchieebene ein großer Einfluss auf Personen höherer hierarchischer Ebenen zukommt. Das Verständnis vom Buying Center als Buying Network verstärkt diesen Effekt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass das Verhalten von Personen auch von ihren Beziehungen zu anderen Personen geprägt ist.
Die Einflussfaktoren im Verkaufsprozess
In diesem Kapitel wird auf die These eingegangen, dass umso größer die Anzahl der beteiligten Personen an einem Kaufprozess sei, dieser umso länger andauere. Ebenfalls werden noch weitere Faktoren beleuchtet, die Einfluss auf die Länge des Kaufprozesses bei Organisationen haben.
Im Zuge von Kaufentscheidungen, in denen mehrere Personen involviert sind, kann es zu Konflikten kommen. Konfliktvermeinendes Verhalten zielt in diesem Zuge darauf ab Konflikte zu verhindern. Hierdurch kann es jedoch passieren, dass Entscheidungen häufig verschoben werden. Zudem kann sich der Kaufprozess auf unterschiedliche Kaufklassen beziehen, sodass hier zwischen Neukauf, modifiziertem Wiederkauf und identischem Wiederkauf unterschieden wird. Es lässt sich annehmen, dass sich ein Verkaufsprozess für einen Neukauf länger gestaltet, da sowohl der Informationsbedarf, der zuerst gedeckt werden muss, als auch das wahrgenommene Risiko, welches möglichst minimiert werden muss, zu adressieren sind. Desto Größer die Anzahl der Beteiligten am Kaufprozess, desto größer kann die Vielfalt an individuellen Interessen sein, die von den Einzelnen verfolgt werden. Dies ergibt potenzielle Konflikte, die im Verlauf der Kaufentscheidung zu lösen sind. Zudem kann mit einer größeren Anzahl von Beteiligten auch der Informationsbedarf steigen. Neben den Beteiligten können zudem Faktoren, wie Kosten, Bedeutung, Komplexität und Integrationsbedarf Ursache für lange Kaufprozesse sein. Desto höher die Kosten für eine Anschaffung, desto höher das Risiko und desto länger der Entscheidungsprozess. Desto höher die Bedeutung, z.B. bei Investitionsgütern gegenüber Verbrauchsgütern, desto höher der Informationsbedarf und dementsprechend länger der Kaufprozess.
Autor: Thomas Lewandowski – Buying Center / Das Rollenkonzept von Webster/Wind
Quellen: Fließ, S. (2000): Industrielles Kaufverhalten, in: Kleinaltenkamp, M. / Plinke, W. (Hrsg.): Technischer Vertrieb. Grundlagen des Business-to-Business-marketing, 2. Auflage, Berlin et al. S. 249-369. Weiber, R. / Kleinaltenkamp,M. (2013): Business- und Dienstleistungsmarketing, Stuttgart: Kohlhammer-Verlag, S. 125-184.